Bill François | Die Eloquenz der Sardine | Beck Verlag, 22.00 EUR
Das Meer ist voller Töne. Es tönt stärker noch als die Luft, die uns umgibt. Schall ist vibrierende Materie. […] Wenn wir am Strand unter Wasser tauchen, hören wir unerwartete Geräusche, die uns mit ihrem fernen Ursprung verbinden.
Der Ozean und sein Dolmetscher
Die »Hydrodynamik aquatischer Organismen« als Forschungsgebiet zu haben, ist schon sehr konsequent, wenn man einerseits Physik studiert hat, andererseits aber von Kindesbeinen an dem Meer verfallen ist. Ganz gleich, welchen Ozean Bill François in sein Visier nimmt, immer gibt er aus vollem Herzen seine Geschichten und Anekdoten an uns weiter. Mit Passion und Kenntnisreichtum führt er uns ein in diese geheimnisvolle Welt der Meere, während er uns unmissverständlich klar macht, dass wir überhaupt nur einen winzigen Zipfel dessen erahnen, was es da zu wissen gäbe. Damit verstärkt er den Chor derer, die das hohe Lied des nature writing zelebrieren, wie etwa Elisabeth Tova Bailey oder Helen Macdonald, um nur zwei Autorinnen der jüngeren Generation zu nennen.
Hören wir also genauer hin!
Das Meer ist laut, es schnarcht und brummt und tönt, so lernen wir es bei François. Doch nicht nur dieses »Umgebungsgeräusch des Meeres« ist zu hören. Die Walgesänge etwa bieten der Wissenschaft reichlich Gelegenheit zu forschen. Was bedeuten all diese unterschiedlichen Melodien, die sich entlang der Grenze zwischen warmem und kaltem Wasser in nahezu gerader Linie über 2.000 Kilometer ausbreiten? Auch alle anderen Meeresbewohner tragen ihr Teil bei zur Sinfonie der Meere. Fische nutzen ihre Schwimmblase, Seepferdchen kratzen sich mit ihrem Knochenkamm am Hals und manche Fische knirschen mit den Zähnen … Aus der Fülle seiner Erfahrung und seines Wissens schöpft der Autor zahlreiche Geschichten, die den geschmeidigen Übergang von Wissenschaft zu Literatur und zurück bewerkstelligen.
Stille Zonen, leise Hoffnung
Viele Gegenden der Meere sind bereits viel zu still geworden — der Schaden, den der Mensch dort in seiner Unersättlichkeit angerichtet hat, ist längst viel zu groß. Dabei gibt es noch so viele Wunder zu entdecken, so viele Rätsel zu lösen, dass »Die Eloquenz der Sardine« ein steter Quell der Inspiration. Wer nach der Lektüre dieses wunderbaren Essays immer noch keinen Respekt vor dem prägendsten Element unseres Planeten hat, dem ist nicht mehr zu helfen.