Ingeborg-Bachmann-Preis

Vom Aufstehen und Durchhalten. Helga Schubert gewinnt

Der Inge­borg-Bach­­mann-Preis für Hel­ga Schubert

Nur die Hand­tasche mit einem Taschen­tuch und ich Fün­fjährige waren ihr auf der Flucht geblieben.

Vor sehr langer Zeit ein­mal habe ich Schu­berts »Judas­frauen« gele­sen. In dem Buch erzählt sie zehn Fallgeschicht­en »weib­lich­er Denun­zi­a­tion im Drit­ten Reich«, wie es im Unter­ti­tel heisst. Ich habe lange nicht mehr an das Buch gedacht. Aber ich erin­nere mich daran, dass ihr Erzählen immer präzise war, präzise und furcht­los. Schu­bert hat­te Orig­i­nalak­ten von Freislers Volks­gericht­shof und Prozes­sak­ten gegen Denun­ziantinnen studiert, die nach 1945 standen vor west­deutschen Gericht­en standen. Sie hat­te Täterin­nen und Opfer inter­viewt und daraus ihre »Para­beln des Ver­rats« gemacht, die lange in mir nachklangen.

Dass sie nun den Inge­borg-Bach­­mann-Preis erhal­ten hat, bringt eine Autorin, die heute sich­er nur noch weni­gen geläu­fig ist, glück­licher­weise wieder ins Licht der Öffentlichkeit. »Vom Auf­ste­hen« erfasst noch ein­mal, in auto­bi­ografis­chem Gewand, diese spezielle Gemen­ge­lage, die ganz fun­da­men­tal zum nachkrieglichen Deutsch­sein gehört.
Und wenn ich mir jet­zt Sharon Dod­ua Otoos diesjährige Eröff­nungsrede ins Gedächt­nis rufe, so finde ich, dass der Kla­gen­furter Wet­tbe­werb dieses Jahr ein guter war. Es war ein guter Wet­tbe­werb, denn er kon­nte zeigen, dass die Lit­er­atur — wie eh und je — ein rel­e­vantes Aus­drucksmit­tel der Gesellschaft ist. Das stimmt mich froh.

Den Text zum Sel­ber­lesen gibt es hier:
➡️ [ https://bachmannpreis.orf.at/stories/3047347/ ]

Ihre Büch­er gibt es derzeit nur elek­tro­n­isch:
➡️ [ https://bit.ly/crb-HelgaSchubert ]

Ihr Leben und Werk ist hier knapp zusam­menge­fasst:
➡️ [ https://www.wikiwand.com/de/Helga_Schubert ]

Sharon Dod­ua Otoos Eröff­nungsrede:
➡️ [ https://bachmannpreis.orf.at/stories/3050322/ ]

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